Muskelhistologie

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Einführung

Die Analyse der Muskelbiopsie mit den Standardfärbungen der Histologie und Histochemie erlaubt eine Vielzahl von spezifischen Befunden zu erheben. Neben der Differenzierung in ein neurogenes versus myogenes Gewebesyndrom erfolgt die spezifische Differenzierung in entzündliche Muskelerkrankungen, metabolische oder toxische Myopathien.

Heute wird für hereditäre degenerative und metabolische Myopathien die Muskelbiopsie nach der primären genetischen Diagnostik (Gen-Panel/Exom/Tri-Exom/Genom) in der Regel als 2. diagnostische Methode eingesetzt. Durch die Muskelbiopsie kann hier ergänzend eine ausführliche Proteindiagnostik zum Nachweis eines Verlustes bekannter, bei Muskeldystrophien involvierter Proteine erfolgen. Diese Analyse erfolgt mittels Kombination von Immunhistochemie und Western-Blot-Technik.

Indikationen für eine Muskelbiopsie

Die obligaten Indikationen zur Muskelbiopsie sind durch die Fortschritte der molekularbiologischen Diagnostik in der letzten Dekade deutlich reduziert worden. Eine Präzisions-Gestalt-Charakterisierung mittels klinischer Untersuchung, Elektromyographie, Muskel-MRT und laborchemischen Zusatzuntersuchungen lässt eine primäre DNA-Diagnostik für alle dominanten Muskelerkrankungen wie die Facioscapulo-humerale Muskeldystrophien typ 1 und Typ 2 (FSHD1/FSHD2), die myotonen Dystrophien DM1 und DM2, die okulopharyngeale Muskeldystrophie (OPMD) sowie die Emery-Dreyfus- und LaminA/C-Muskeldystrophie zu. Auch bei den dominanten und rezessiven Gliedergürteldystrophien inklusive des Verdachtes auf eine Duchennesche Muskeldystrophie, hereditären metabolischen Myopathien und kongenitalen Myopathien sollte heute primär die direkte Gendiagnostik angestrebt werden.

Obligate Indikationen bleiben die inflammatorischen und toxischen Myopathien, sowie unklare sporadische persistierende HyperCKämien.

Obligate Indikation zur einer Muskelbiopsie bei Verdacht auf:

  • Entzündliche und toxische Myopathien (Myositiden)
  • Unklare persistierende HyperCKämie
  • Unklare Krankheitsbilder mit Muskelschwäche und Myalgien

Fakultativ bei:

  • Muskeldystrophien
  • Myofibrilläre Myopathien
  • Kongenitale Strukturmyopathien
  • Metabolische und mitochondriale Myopathien
  • Verdacht auf maligne Hyperthermie
  • Muskelaffektion bei systemischer Erkrankung (z.B. Vaskulitis, Sarkoidose, SLE oder Paraneoplasie

Technik der Muskelbiopsie

Entnahme eines Muskelbioptats

Entnahme eines Muskelbioptats

Die Muskelgewebeentnahme (Biopsie) erfolgt aus einem klinisch betroffenen, aber nicht zu stark paretischen Muskel (MRC Grad 3-4). Insbesondere bei älteren Patienten muss bei einer Entnahme aus der distalen Extremitätenmuskulatur mit der Möglichkeit akzidenteller Veränderungen (z. B. chronische Radikulopathie, z. B. vaskuläre Myopathie) gerechnet werden, welche das strukturelle Bild überlagern können. Bei der Fragestellung entzündliche Muskelkrankheit lässt die elektromyographisch nachweisbare pathologische Spontanaktivität und das kernspintomographisch zu objektivierende Muskelödem eine aussichtsreiche Biopsiestelle finden. Die Biopsie sollte nach einer durchgeführten EMG-Untersuchung möglichst aus dem kontralateralen Muskel entnommen werden, um EMG-Nadel-Artefakte vermeiden. Beim Erwachsenen und auch bei Kindern aller Altersstufen wird die Durchführung einer offenen Biopsie in Lokalanästhesie oder ggf. Vollnarkose (Kinder) empfohlen. Bei Säuglingen und Kleinkindern und zur Verlaufskontrolle beim Erwachsenen zur kann die Nadelbiopsietechnik mit der modifizierten Bergström-Nadel in Einzelfällen in Betracht gezogen werden. Das gewonnene Nadelbioptat-Gewebe lässt zumeist nur ein sehr eingeschränktes morphologisches und biochemisches Untersuchungsspektrum zu.

  • Auswahl der Biopsiestelle nach Klinik, EMG und ggf. MRT
  • Offene Biopsie (Lokalanästhetikum nur bis zur Faszie)
  • Schonende Gewebeentnahme (mindestens 30 g)
  • Asservation für Biochemie, Elektronenmikroskopie und Zellkultur
  • Nadelbiopsie nur bei Kindern und ggf. zur Verlaufskontrolle

Das in der Regel mindestens 30g umfassende Bioptat wird für die Histologie, Histochemie, Immunhistologie inklusive Western blotting und Elektronenmikroskopie weiterverarbeitet.

Für die Histologie werden standardisiert eine Vielzahl von histochemischen Färbungen zur Darstellung unterschiedlicher Gebewebestandteile, Enzyme und Strukturen der Muskulatur durchgeführt. Für entzündliche Myopathien (Dermatomyositis, Polymyositis, Overlap-Syndrom, Einschlusskörpermyositis) wird zusätzlich die Immunhistologie mit monoklonalen Antikörpern u.a. gegen CD4, CD8, B-Zellen, Makrophagen, HLA, und C5B9-Komplement zur Differenzierung eingesetzt.

histologie

Neurogene Prozesse

Entzündliche Myopathien

Zytoskelettdiagnostik und Western blotting

Für die Muskeldystrophie-Charakterisierung werden spezifische immunhistochemische Färbungen mit zumeist monoklonalen Antikörpern gegen Oberflächenproteine der Muskulatur und das sog. Western-Blotting durchgeführt. Ein Western Blot (syn.: Immunoblot) bezeichnet den elektrophoretischen Transfer von In weiteren Schritten kann im Rahmen der sogenannten Zytoskelettdiagnostik eine ausführliche Proteindiagnostik zum Nachweis eines Verlustes bekannter, bei Muskeldystrophien involvierter Proteine erfolgen. Proteinen auf eine Trägermembran, welche anschließend über unterschiedliche Reaktionen nachgewiesen werden können. Anwendung findet der Western Blot in der molekularbiologischen und medizinischen Forschung sowie in der Diagnostik der Gliedergürteldystrophien. Das Western Blotting dient dem Nachweis diagnostisch interessanter bzw. krankheitsrelevanter Proteine und deren Expressionshöhe. Für gewöhnlich wird für Immunhistologie und Western blotting ein Panel an Antikörpern eingesetzt, dessen Auswertung dann häufig eine spezifische Zuordnung der Muskeldystrophien erlaubt. Entscheidend für die differenzierende Diagnostik der Muskeldystrophien ist daher die Kombination der Proteindiagnostik mit gezielter molekulargenetischer Analyse. Fallen alle Untersuchungen negativ aus, muss die Einordnung der Muskeldystrophien insbesondere im sporadischen Fall noch offenbleiben. Die definitive Diagnose der bisher nur als genetische Loci charakterisierten Entitäten wird bei sporadischen Fällen oder kleinen Familien erst möglich sein, wenn die verursachenden Gene und ihre Proteinprodukte charakterisiert sind.

Muskeldystrohpie-Diagnostik

Elektronenmikroskopie

Aus initialen sog. Semidünnschnitten (1µm) werden Areale mit pathologischen Auffälligkeiten (z.B. Organelle wie vergrößerte oder vermehrte Mitochondrien oder Lysosomen oder Strukturbesonderheiten wie Vakuolen oder Aggregate) ultrastrukturell aufgearbeitet und ausgewertet. Insbesondere bei Strukturbesonderheiten (z.B. Nemaline, rods, cores) u.a. im Rahmen von kongenitalen Muskeldystrophien hat die EM-Untersuchung einen hohen Stellenwert in der Differentialdiagnostik. So dient z.B. auch der Nachweis von sog. tubuloretikulären endothelialen Einschlüssen bei Dermatomyositis neben der positiven Immunhistologie zur Diagnosesicherung.

Ansprechpartner im Institut

Prof. Dr. Benedikt Schoser
Dr. Federica Montagnese
Prof. Dr. Maggie Walter

Zuletzt geändert: Februar 2022