Klinikum Universität München // Jahresbericht 2014 - page 52

Kinder-und Jugendmedizin
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Eiweißeund ihreBausteine, die
20verschiedenen Aminosäuren, liefern
dieGrundsubstanz fürdenStoff­
wechsel zumAufbauallerKörperzellen
des kindlichenOrganismus.Viele
der lebensnotwendigenAminosäuren
nehmenwirmitderNahrungauf.
Muttermilchbietetmit 1bis 1,2
Grammpro 100Milliliter vergleichs-
weise wenigEiweiß,dafürvon höchster
Qualität– sowieesdermenschliche
Säuglingoffenbarbraucht.
Proteine
„Inder frühenEntwicklungdes
KindesbietensichgrößteChancenzur
VorbeugungvonÜbergewichtund
Fettsuchtunddamit verbundene, be­
drohlichzunehmendeZivilisations­
krankheitenunsererZeitwie Diabetes“
,
sagtBertholdKoletzko–und leitet
aus seinenForschungen folgendeEr­
nährungsempfehlungenab:
1. ImerstenLebenshalbjahrmöglichst
stillen,mindestensvierMonate lang
ausschließlich.Damit istdieErnäh-
rung inder frühenKindheitbestens
geregelt.EinevonKoletzkosTeam
bayernweit lancierteUntersuchung
ergab:NachderGeburtbekommen
90ProzentderKinderMuttermilch,
aber imzweitenLebensmonatdes
Kindes stillennurnoch60Prozent
derMütter, imsechsten Lebensmonat
noch50Prozent.Unterstützung
jungerEltern istalsogerade inden
erstenWochennachderGeburt sehr
wichtig.
2.Wennnicht (voll) gestilltwird, sollte
manbeimKauf vonFlaschenmilch
eineNahrungmitniedrigemEiweiß-
gehaltauswählen.Dieentsprechen-
denAngabenstehenaufderPackung.
3. Säuglinge imerstenLebensjahr
solltenauf keinenFallKuhmilchals
Getränkerhalten, dennKuhmilch
enthält dreimal soviel Eiweißwie
Muttermilch.
Praxisempfehlungen
ausderForschung
Schon in der CHOP-Studie hatten die
MünchnerForscherumBertholdKoletzko
beobachtet: Eine höhere Eiweißzufuhr
– im Vergleich zu einer eiweißärmeren
Flaschennahrung oder zur Muttermilch
– führt zubiochemischenundhormonel-
len Veränderungen und zu abnorm ge-
steigertemNierenwachstum.
Sogenannte verzweigtkettige Amino-
säuren treiben beispielsweise einen der
wichtigsten Wachstumsfaktoren über-
haupt an: das Molekül IGF-1 (für insu-
linlike growth factor 1). Mit seiner neu-
en Förderung der Europäischen Union
und des Europäischen Forschungsrates
ERC klärt Koletzkos Team auf, überwel-
che molekularen und biochemischen
Mechanismen die frühe Ernährung den
Stoffwechsel und das kindliche Wachs-
tum und damit die langfristige Gesund-
heit prägt. „Hier kommen wir richtig
voran“, sagt der Kinderarzt. „Mit hoch­
empfindlichen Methoden können wir
heute aus nur einem Blutstropfen Hun-
derte von Stoffwechselprodukten mes-
sen und dabei ein genaues Profil der
kindlichen Nahrungsverwertung gewin-
nen.“ Dabei zeigt eine jüngste Studie:
„Säuglinge haben eine begrenzte Fä-
higkeit zum Abbau der verzweigtketti-
gen Aminosäuren, die nicht über eine
Schwellehinausgeht“,wieKoletzkosagt.
Ist die Eiweißzufuhr also zu hoch, steigt
der Aminosäure-Gehalt imBlut überpro-
portional an. Das wiederum hemmt den
Abbau von Fett, das dann vermehrt im
KörperderKindergespeichertwird.Und
so steigt dasRisiko fürÜbergewicht.
DieBiochemie
der frühen
Ernährung
EineStudiebeweist: eine zu
hoheEiweißzufuhr begünstigt
dasRisiko vonÜbergewicht
DieArbeitsgruppevonProf.Koletzkoun-
tersucht derzeit gemeinsam mit einem
Teamder Frauenklinik amKlinikum, wie
dieErnährungbei starkübergewichtigen
Schwangeren die Gesundheit von Mut-
ter undKind schützen kann. Teilnehmen
könnenSchwangerebis zur 17. Schwan-
gerschaftswoche, die stark übergewich-
tigsind. InderebenfallsvonderEuropäi-
schenUnionunterstütztenUntersuchung
werden teilnehmendeFrauenzweiGrup-
pen zugeordnet, entweder mit Beratung
oderabermitBeratungundzusätzlichei-
nemMilchgetränk, das den Blutzucker-
verlauf reguliert. Alle teilnehmenden
Schwangeren erhalten weitere Hilfestel-
lungdurchdasStudienpersonalwährend
der gesamten Schwangerschaft sowie
Ultraschall- und weitere Untersuchun-
gen. So können etwaige Abweichungen
desmütterlichenBlutzuckerspiegelsund
des kindlichen Wachstums mit Risiken
für Mutter und Kind sehr früh erkannt
werden. Interessenten wenden sich an
dasTeamderNIGO-Studieunter
089/4400-57767oder089/4400-57707
oderperE-mail andie
DieNIGO-Studie
Hilfe für Schwangeremit
starkemÜbergewicht
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