Klinikum Universität München // Jahresbericht 2014 - page 63

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Kinder-und Jugendmedizin
Die„Transition“vonderKinder- und
Jugend- indieErwachsenenmedizin
ist für Jugendlichemit chronischen
ErkrankungeneinkomplexerProzess–
undnicht ungefährlich.
18
Jahre lang sindchronischkrankeKinder inderOb-
hut ihres Kinder- und Jugendarztesmit umfassen-
der, fast fürsorglicher Betreuung. Vollkasko, wenn
man sowill. „Dawächst eineengeBindungheran“, sagt Prof.
Sibylle Koletzko, Pädiaterin in der AbteilungGastroenterolo-
gie und Hepatologie amDr. von Haunerschen Kinderspital.
Und plötzlich sollen die Jugendlichen in die vergleichsweise
magereErwachsenenmedizinwechseln, inder andereRegeln
undGepflogenheitengelten.
Es ist einAbschied –unddas ineinerZeit, dieohnehin schon
schwierig genug ist. Dieser Übergang, die „Transition“, ist
komplex und konfliktbeladen. Und nicht ungefährlich, wie
eineStudiemit Patienten zeigt, dieamTyp-1-Diabetes leiden:
40Prozentder JugendlichenverlierennachderTransitionden
Kontakt zumFacharzt. 35Prozent der Jugendlichenmit einer
transplantiertenNiere verlieren das Organ nach der Transiti-
on,weil sienichtmehr regelmäßig jeneMedikamenteeinneh-
men, diedas fremdeOrgan vor denAngriffendes Immunsys-
tems schützt.
Dasallesbedeutet: „Manmussdie Jugendlichen,wann immer
möglich,geordnet indieErwachsenenmedizin rüberbringen“,
wieKoletzkoesausdrückt: „Keine leichteAufgabe, zumal die-
se umfassende psychosoziale Betreuung in denUniversitäts-
kinderkliniken nicht abgebildet wird. Das bleibt für uns alle
unverständlich und kaum hinnehmbar.“ Der Transitionspro-
zess ist personell aufwendig und damit teuer. „Doch die Fi-
nanzierung bleibt ein oft ungelöstes Problem“, betont Prof.
Martin Reincke, Direktor der Medizinischen Klinik IV und
Transitionsexperte seit vielen Jahren aufseitender „Erwach-
senenmedizin“.
Dazu kommt, „dass die Zahl der chronisch kranken Kinder,
diedasErwachsenenalter erreichen, dankdenLeistungender
modernenMedizin stetig steigt. Patientenmit der Cystischen
Fibrose zum Beispiel wurden vor 30 Jahren nicht einmal
18 Jahre alt. Heute liegt ihre durchschnittliche Lebenserwar-
tung bei knapp 50 Jahren. „In der Summe sind bundesweit
zigtausendPatienten vonderTransitionbetroffen“, sagtRein-
cke, „unddie sindmeist Patienten inUniversitätsklinikenwie
unserem.“Konkret: imHaunerschenKinderspital.Dorthatdie
Kinderärztin Koletzkomit finanzieller Hilfe der Sternstunden
des BayerischenRundfunks eindreijähriges Projekt gestartet
zur Transition junger Patientenmit chronisch-entzündlichen
Darmerkrankungen.
Prof. SibylleKoletzko, Abteilung
GastroenterologieundHepatologieam
Dr. vonHaunerschenKinderspital
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