Klinikum Universität München // Jahresbericht 2013 - page 31

HerzChirurgie
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Nach intensiverForschung imLabor
willAkrasTeamVersuchemitSchafen
starten.DieFragen:Wiegutarbeitet
dieKlappe im lebendenOrganismus?
Wie lange istsie funktionstüchtig?
ErzeugtsieunerwünschteBegleiter-
scheinungen?Undsoweiter.
DasKonstruktkannauchdenSchafen
perKatheter implantiertwerden.Soll-
tendieMünchnerHerzchirurgenunter
Prof.ChristianHagl sieeinesTageskli-
nisch testen,wärediesnurbeiPatien-
tenmit ‚nicht‘akut lebensbedrohlicher
Klappenfehlfunktionmöglich.Dennbis
diegeplantenKlappenalledreiPhasen
ihrerProduktiondurchlaufen,dauertes
etwadreiMonate. „Akutgefährdete
PatientenwärenmitdieserKlappealso
nichtbehandelbar“, sagt Ingenieur
Akra.FürsiehatseinTeamschonein
anderesVerfahren imSinn.DieWissen-
schaftlerwollendieOberflächedes
reinenPolyurethan-Gerüsts–mithin
‚ohne‘Zellen–mitbestimmtenStoffen
ausstatten. IndasHerzeingesetzt,
sollendieseStoffeausdemBlutEndo-
thelzellenanlockenundzurBesiedlung
desGerüstsanimieren.Dieerstenent-
sprechendenVersuchemitSchafen,
versprichtAkra, „werdenspannend.“
»EswirdSpannend«
Chirurgen entnehmen dem Patienten
eine Vene. Sie wird ‚gerade‘ in einer
neu entwickelten, geschlossenen und
sterilen Transportbox eingespannt. Sie
muss also nicht mehr mechanisch be-
lastet werden; das vermeidet größere
Schäden im Gewebe. Im Labor isoliert
ein gleichermaßen neues Gerät die
Zellen vollautomatisch und sortiert sie:
einerseits Bindegewebszellen (Fibro­
blasten), andererseits Endothelzellen.
Endothelzellen bilden die äußerste
Schicht der Gefäßwände, stehen also
direkt in Kontakt zum fließenden Blut.
DieZellenwerdeneinenMonat lang im
Brutschrank vermehrt.
PHASE1
In einem neuen „Besiedlungsreaktor“
wird eine Prothese aus Polyurethan ein-
gespannt. Sie hat exakt die Form und
Größe einer Herzklappe und wird mit
Zellen nach eigenem 3D-Verfahren der
herzchirurgischenForschergruppebesie-
delt. Polyurethan ist ein bioverträglicher
Kunststoffundzugelassen fürdenEinsatz
in derMedizin. Der Reaktor sorgt dafür,
dass die Zellen gleichmäßig und drei­
dimensional auf der Oberfläche des Ge-
rüstsverteiltwerden.DiehomogeneZell-
schicht bekommt eineWochePause, um
sichzuerholen.Dann folgtdie24-stündi-
ge Besiedlung mit den Endothelzellen.
Underneut eineWochePause.
PHASE2
Training im „Konditionierungsreaktor“.
Diese Phase hat einen Grund: In der
natürlichenHerzklappe halten die Fibro­
blasten die über ihnen liegendenEndo-
thelzellen fest. Sonst würde das Tempo
des Blutstroms die Endothelzellen mit
sichreißen.Einmalaus ihrernatürlichen
Umgebung isolierte Zellen verlieren
offenbar diese Fähigkeit, müssen sie
mithin neu lernen. Dazu werden sie in
diesem neuen Reaktor zunächst einem
sehr langsamen Blutstrom ausgesetzt.
Das Tempo steigt dann sukzessive. Und
der Konditionierungsreaktor erzeugt
pulsierendeBlutströme,wiedurchHerz-
schläge generiert. Dauer des Trainings,
um stabile Zellschichten auf der Poly­
urethan-Klappe zu bekommen: mindes-
tens zweiWochen.
PHASE3
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