Klinikum Universität München // Jahresbericht 2013 - page 28

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HerzChirurgie
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„Wenn man sich überlegt, was sich in
der herzchirurgischen Intensivmedizin
getan hat, ist das unglaublich“, erklärt
Prof. Christian Hagl, Direktor der herz-
chirurgischenKlinik inGroßhadernund
fügt an: „Wir bewegen uns permanent
an einer Grenze entlang.“ Haben die
Herzchirurgen vor 10 bis 20 Jahren
noch hauptsächlich neue Herzklappen
eingesetzt und Bypässe gelegt, um die
Funktion verengter Herzkranzarterien
zu ersetzen, hat sich das Spektrum er-
heblich erweitert. Zunehmend werden
todkrankePatientenmit terminalerHerz-
schwäche eingeliefert, denendieSpezi-
alisten hochmoderne Unterstützungs-
systeme wie das Kunstherz anbieten
können. Schonender als früher, mit
weniger Komplikationen und hoher
Lebensqualität.
„Wir müssen darauf achten, dass wir
nicht zu weit voranschreiten und die
Technik so weit ausnutzen, dass es ins
Unmenschlichegeht“, betontHagl. Bei-
spiel: Wenn reanimierte Patienten be-
wusstlos in Großhadern ankommen,
wissen die Ärzte oft gar nicht, was sich
der Patientwünscht. Ober alsowirklich
ein Kunstherz in seinen Brustkorb im-
plantiert haben möchte. Leichter fällt
die Entscheidung, wenn die Angehöri-
genmit imBoot sind, die dieWünsche
desPatientenbesser beurteilenkönnen.
Gleichermaßen müssen die Mediziner
entscheiden, wann eine Intensivthera-
pie keinen Sinnmehr macht. Nach den
Erfahrungen von Prof. Hagl lässt sich
das auch den Angehörigen meist gut
vermitteln: „Uns ist wichtig, ein gutes
Verhältnis mit den Angehörigen aufzu-
bauen.Wirdürfen ihnenaberaufkeinen
Fall den schwarzen Peter zuschieben,
dass sie die finale Entscheidung treffen
müssen. Ein solches Vorgehen funktio-
niert nur, wenn gegenseitiges Einver-
ständnisda ist.“
Extreme
Medizin–und
ihreGrenzen
Dieherzchirurgische Intensiv-
medizinüberschreitet immer
neueGrenzen –undwill
menschlichbleiben
2013habendieHerzchirurgen inGroß-
hadern gut 25 Patienten – darunter
fünf Kinder – einKunstherz eingesetzt.
Tendenz: steigend. KamdasKunstherz
noch vor zehn Jahren nur als Not­
lösung und nur bei völligem Herzver­
sagen inBetracht, wird es heute zuneh-
mend fürMenschengenutzt, dieauf ein
Spenderorgan warten, um die Zeit bis
zur Transplantation zu überbrücken. In
einigenFällen implantierenesdieMedi-
ziner auch, um ein schwaches Herz vo­
rübergehend zu entlasten und ihm Zeit
zu geben, sich zu erholen. Ist eine
Transplantation für einenPatientenaus-
geschlossen, kommt es immer häufiger
sogar alsDauerlösung infrage.
Voraussetzung für diesenErfolgwar un-
teranderem,dassmoderneKunstherzen
nichtmehrdieFunktiondesganzenHer-
zensersetzen, sondernnurdieder linken
Herzhälfte, die das sauerstoffreicheBlut
in den Körper pumpt. So konnte die In-
dustrie dieGeräte entscheidend verklei-
nern. Um es zu implantieren, schneiden
die Ärzte in die linke Herzkammer ein
kleines Loch, in dem sie die Pumpemit
einem Ring befestigen. Ein Kabel führt
indenKörper hinein, umdas künstliche
Herz mit Energie zu versorgen. Schon
baldaber sollen statt des lästigenKabels
Akkus indenKörper eingesetzt werden.
Stellt man den Patienten dann in ein
Magnetfeld, lassen sich die Akkus ka-
bellos aufladen.
DasKunstHerz
Einstwar es nur letzteHilfe
inderNot. Jetzt ist es immer
öfter eineDauerlösung für
schwer krankePatienten
MitdemUmzug indasneue
Operationszentrumerweitern sich
dieMöglichkeitenerheblich
Größer,heller,hochsteril.Aufdasneue
OPZ freutsichProf.ChristianHagl
gleichmehrfach. „Zumeinenhabenwir
dorteinesdermodernstenOperations­
zentrenüberhaupt,miteineroptima-
lenAusstattung“, sagtderDirektorder
HerzchirurgischenKlinik.Daszeigt
sichunteranderem indensogenannten
Hybrid-Operationssälen. Indiesen
RäumensindbeispielsweiseComputer-
tomografenoderdieGeräte,umGefäße
„angiografisch“sichtbarzumachen,
fest installiert.„Zumanderenverbessert
sich inderangeschlossenen Intensiv­
stationdieAusstattungnochmals
imVergleichzurSituationzuvor.Die
PatientenbekommenmehrPlatzund
mehrTageslicht.AuchdieKapazitäten
derHerzchirurgieerweiternsichmit
demneuenOPZ,gemäßdemwachsen-
denBedarf:Aufder Intensivstation
kommenzweiBettenhinzu.Unddie
alte Intensivstationwirdumgebautzu
einer„Zwischen-Intensivstation“mit
zehnweiterenBetten für jenePatien-
ten,diezwardie Intensivstationver-
lassenkönnen,abernoch immerzu
krank fürdieNormalstationsind.
„Das trifft fürvielesehraltePatienten
zu, erklärtHagl.DerenAnteil inder
Herzchirurgiewächst:Schonheute
sind14Prozentderherzchirurgischen
Patientenmindestens80 Jahrealt.
Undeswerden immermehr.
DieHerzchirurgie
unddasneueOPZ
DerAnteilälterer
Patientennimmtzu
1...,18,19,20,21,22,23,24,25,26,27 29,30,31,32,33,34,35,36,37,38,...122