AFRIKA
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Das studentische Aus-
tauschprogramm war das
erste gemeinsame Projekt
der LMU und der Jimma
University überhaupt.
hilfe. Grund: Die LMU-Studenten aus
der Gynäkologie bekommen kaum
noch Geburten zu sehen, weil die Ge-
bärenden in München oft keine „Zu-
schauer“ bei der Geburt wünschen. In
Äthiopien dagegen herrscht kein Man-
gel an Geburten, und hospitierende
Medizinstudenten sind willkommen.
Die deutschen Studenten nehmen
in Jimma an Lehrveranstaltungen in
Gynäkologie/Geburtshilfe teil, die äthio-
pischen Studenten in München umge-
kehrt auch. Sie arbeiten außerdem mit
ihren deutschen Kollegen an einem
Projekt, zum Beispiel clinical case dis-
cussions. Alle äthiopischen Studenten
sind im Übrigen in ihr Land zurückge-
kehrt. Grund, wie in einer Studie her-
auskam: Sie erkennen, wie hart junge
Ärzte in Deutschland arbeiten müssen,
wie hoch der Status der äthiopischen
Ärzte ist, wie wenig das Einkommen in
Deutschland am Ende wert ist. „So“,
sagt Siebeck, „setzt eine Neubewer-
tung der Lage im eigenen Land ein.“
Das Austauschprogrammwird unter-
stützt von der Else Kröner-Fresenius-
Stiftung.
D
as studentische Austauschpro-
gramm der LMU und der Jimma
University „ist ein echtes bilaterales
Projekt“, sagt Matthias Siebeck, Ur-
heber aller Verbindungen zwischen
beiden Hochschulen: Die einen aus
Jimma kommen nach München, die
anderen aus München nach Jimma, je-
weils vier Wochen lang. Schwerpunkt
des Programms ist derzeit die Geburts-
Getu Ataro arbeitet in der „Schule für
Anästhesie“ und im „Educational Development
Center“ der Jimma University. Er nimmt am Kurs
„Master in Health Professional Education“ teil.
H
err Getu, was hat Sie in diesen Kurs verschlagen?
Es gibt eine Lücke in unserem Gesundheitssys-
tem. Wir wurden ausgebildet, um Patienten zu helfen
und zu versorgen. Aber nicht darin, andere auszubil-
den. Alle Beteiligten im Gesundheitswesen sollten ihr
Wissen auch weitergeben können, und das in der
richtigen Weise, um die Studenten besser auszubil-
den und zu motivieren, Forschung zu betreiben. Des-
wegen bin ich in diesem Kurs leidenschaftlich dabei.
Was haben Sie bereits gelernt?
Eine ganze Menge. Vor allem, wie ich Studenten
effektiv anleite und ihnen verständlich den Stoff lehre.
Ich lerne hier moderne und innovative Konzepte der
Lehre, die den Studenten das Lernen erleichtern.
Ich lerne auch, die Studenten einzuschätzen und auf
Studenten unterschiedlicher Gesundheitsberufe ein-
zugehen. Und auch, wie ich selbst forschen kann,
um die Ausbildung zu verbessern.
Wie finden Sie Ihre Lehrer aus München?
Die sind toll. Ich finde es gut, dass sie aus unter-
schiedlichen Disziplinen kommen und ein Experte
in medizinischer Lehre wie Prof. Martin
(Fischer)
dabei ist. Sie unterstützen uns sehr, auf die richtige
Art. Es ist wichtig, dass Leute aus ganz Äthiopien
diesen Kurs absolvieren. Diese Leute gehen zurück
in ihre Institutionen und verbreiten ihr neues Wis-
sen, das ursprünglich in Deutschland entwickelt
wurde.
Sie haben hier Ihr Master-Projekt vorgestellt. Was
haben Sie untersucht?
Es geht um interprofessionelle Ausbildung, kon-
kret darum, dass die Mitarbeiter verschiedener
Gesundheitsberufe und Ärzte unterschiedlicher
Disziplinen besser kooperieren als jetzt, wenn sie
zusammen Patienten behandeln. Es gibt bisher
keine interprofessionelle Ausbildung in unserem
Land. Ich will mit meiner Arbeit helfen, diese Lücke
mittel- bis langfristig zu schließen. Schon Studen-
ten sollen lernen, wie sie die interdisziplinäre
Zusammenarbeit und Kommunikation stärken kön-
nen im Sinne einer besseren Patientenversorgung.
Mein Projekt hier könnte dafür eine erste Grund-
lage sein.
Echt
»Lücke
im
Gesundheitssystem
schließen«
gegenseitig
Getu Ataro will die
interdisziplinäre
Zusammenarbeit
stärken.