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AFRIKA

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Mit mehr Ärzten allein lässt sich Äthiopiens

Gesundheitssystem nicht modernisieren. Das

zeigt das Beispiel der Psychiatrie. „Master“

haben aus dem einstigen medizinischen

Stiefkind eine keimende Disziplin gemacht.

er Studiengang „Master

of Science in Integrated

Clinical and Community

Health“ wurde lanciert

vom Psychiater Prof.

Markos Tesfaye, damals noch an der

Jimma University. Unterstützt wurde

er vom äthiopischen Gesundheitsmi-

nisterium und Psychiatern der LMU –

vor allem Privatdozentin Dr. Sandra

Dehning, Dr. Andrea Jobst und

Dr. Kristina Adorjan.

So schwerfällig sich die Bezeich-

nung des Kurses liest, so sinnvoll ist

das, was er bezweckt: Er hat Äthiopien

in den vergangenen Jahren fast 50 neue

Experten in Psychiatrie beschert. Das

ist für ein Land mit nur 34 psychiatri-

schen Fachärzten bei 100 Millionen

Einwohnern ein wichtiger Schritt nach

vorn. Zum Vergleich: In Deutschland

kommen auf 80 Millionen Einwohner

rund 8.000 Psychiater.

In nur zwei Jahren lernen

Menschen mit einem Ge-

sundheitsberuf – Kranken-

schwestern, Medizinisch-Tech-

nische Angestellte und so weiter –,

wie man psychische Erkrankungen er-

kennt und behandelt. Das Programm

umfasst die tägliche Arbeit in der Kli-

nik für Psychiatrie der Jimma Univer-

sity, Nacht- und Wochenenddienste,

Blockkurse mit internationalen Leh-

rern und eine Masterarbeit.

Aus dem Gesundheitssystem Äthio-

piens sind die Master nicht mehr weg-

zudenken. Überall im Land sichern sie

zumindest eine psychiatrische Grund-

versorgung. Sie arbeiten an Universi-

täten und Gesundheitszentren in länd-

lichen Regionen, die psychiatrisch

komplett unterversorgt waren (fast alle

Psychiater praktizieren in Addis Abe-

ba). Sie helfen in Flüchtlingscamps, sie

leiten Abteilungen für psychiatrische

Fachpflege. Sie klären in Schulen über

Suchterkrankungen auf, einige senden

regelmäßig im Radio Aufklärungspro-

gramme über psychische Erkrankun-

gen. „Es ist erstaunlich“, sagt Andrea

Jobst, „welch gute Arbeit diese Master

leisten.“

Inzwischen unterrichten sie und

ihre Münchner Kollegen nicht mehr

im Studiengang. Das erledigen die

äthiopischen Experten jetzt selbst,

„so, wie es von Anfang an vorgesehen

war“. So wie in der Weiterbildung

zum psychiatrischen Facharzt, die

ebenfalls mithilfe der LMU-Medizin

angestoßen wurde.

In nur zwei Jahren lernen

Menschen mit einem Gesund­

heitsberuf, wie man psychische

Erkrankungen erkennt und

behandelt.

Psychiatrie

Schnellexperten in

Deutschland

80 Millionen Einwohner

Äthiopien

100 Millionen Einwohner

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Psychiatrische Fachärzte

Psychiatrische Fachärzte