AFRIKA
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Können Sie messen, ob das auch beim Patienten
ankommt?
Ob eine Kooperation im Bereich Aus- und Weiterbil-
dung tatsächlich beim Patienten landet, ist schwer
zu beweisen. Wir können als Erfolgsbelege nur ver-
weisen auf die Zahl der erfolgreichen Partnerschafts-
programme, die Zahl der erfolgreichen Teilnehmer
und die Zahl der Publikationen. Da haben wir in-
zwischen einiges zusam-
menbekommen. Aber das
entscheidende Motiv ist
und bleibt, dass letztlich
die Patienten in Äthiopi-
en profitieren.
Äthiopien: Das Land –
Jimma vor allem – ist so et-
was wie Siebecks zweite Heimat. Im Winter 80/81 hat
er das Land zum ersten Mal betreten und nie wieder
vergessen. Er schätzt die Kultur und die Menschen,
nimmt immer wieder Frau und Kinder mit dorthin.
Drei seiner Söhne sind dieses Mal dabei und schauen
sich an, was der Vater in Afrika tut. Auch nach zig Auf-
enthalten ist Siebeck noch aufgeregt, wenn die nächste
Reise ansteht. 20 Jahre hat es gedauert, bis er die
Chance bekam, dem Land auf seine Weise zu helfen
und immer wiederzukommen. Die Menschen, die
Kooperationsprojekte liegen ihm am Herzen.
In dieser Art pflegt Matthias Siebeck seine beruf-
lichen Beziehungen vor Ort. Einander zu vertrauen
ist alles, Vertrauen zu schaffen eine immer neue
Herausforderung. Zielgerichtete Zurückhaltung ist
eine Kunst – jetzt gerade wieder, da Führungspositio-
nen an der Jimma University neu besetzt werden –
auch mit Leuten, die er und seine Mitstreiter von der
LMU aus- oder weitergebildet haben. Die äußern
sich überschwänglich. Kinderchirurg Jochen Huber-
tus sagt „Chapeau“ und findet es bemerkenswert,
welchen Respekt Siebeck in Äthiopien genießt.
Dank seiner kleinen Tipps habe er, Hubertus, etliche
Fehler vermieden. Fehler wie: Geld zu schicken.
Oder Druck zu machen. Bringt nichts.
Hat die Partnerschaft zwischen der LMU-Medizin
und der Jimma University Zukunft, Herr Siebeck?
Unsere jetzigen Projekte hier sind bis 2019 finan-
ziert, die müssen wir erst einmal am Laufen halten
und dort wieder Schwung reinbringen, wo es
klemmt. Aber ich bin optimistisch, auch für das
nächste Jahrzehnt. Es wird in Jimma so schnell weiter-
gehen, dass wir kaum gucken können. Auch ange-
sichts der Tatsache, dass
viele von uns ausgebildete
Leute inzwischen an an-
deren Universitäten in
Äthiopien arbeiten. Ich
kann mir gut vorstellen,
dass es so zu ganz neuen
Partnerschaften kommt.
Haben Sie schon mal ans Aufhören gedacht?
Nein, obwohl es zwischendurch auch Phasen gab,
wo es nicht gut lief. Entscheidend ist aber der Spaß
an der gemeinsamen Arbeit mit den Kollegen. Der
kommt immer wieder. Irgendwann werde ich in
Rente gehen. Doch ich überlege, ob ich dann länger
hierhergehe, wo ich da reinpassen könnte. Da bin
ich schon unterwegs und suche.
Profitiert die medizinische Fakultät der LMU
von der Kooperation?
Die LMU-Medizin, glaube ich, verbessert sich sub-
stanziell durch unser Engagement. Es ist erstaunlich,
dass jetzt nach 15 Jahren der Bekanntheitsgrad
unserer Kooperation mit Äthiopien in Fakultät und
Klinikum immer noch wächst und dass immer noch
mehr Leute kommen und sagen: Ich will da auch mal
mitmachen. Kannst du da was einfädeln? Das finde
ich eine Supergeschichte! Gerade die Studierenden,
die aus München hierherkommen, erleben eine ganz
andere Medizin. Da muss man sich mit einer ande-
ren Kultur auseinandersetzen, man hat weniger
Technik für die Diagnose zur Verfügung. Sie konzen-
trieren sich auf das Wesentliche und profitieren zu
Hause sehr von ihren Erfahrungen.
»Ich bin optimistisch, auch für
das nächste Jahrzehnt. Es wird
in Jimma so schnell weitergehen,
dass wir kaum gucken können.«
Hüglig ist das Terrain der
Jimma University im
Westen Äthiopiens inmitten
einer malerischen
Landschaft. Überall wird
hier gebaut.