Prof. Dr. med. Michael Hölscher
Gründer des Mbeya Medical Research
Center in Tansania und Leiter des Tropeninstituts
AFRIKA
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bezeichnet Hölscher heute freimütig als
„nicht leicht, denn das MMRC war mein
Baby“. Nach einigen Problemen nahm
die Kooperation zwischen der LMU-
Medizin und ihrem afrikanischen Part-
ner neuen Schwung auf – in Form einer
„bevorzugten Partnerschaft“. Will hei-
ßen: Obwohl das MMRC jetzt bestens
mit Institutionen aus vielen Ländern
vernetzt ist, „kommen immer noch
40 Prozent aller Studien in Mbeya von
der LMU“. Auch das Labor wurde mit-
hilfe der Münchner Universität und des
LMU-Klinikums auf internationalen
Standard gebracht. „Unsere Infrastruk-
tur ist ausgezeichnet“, freut sich Ntin-
ginya, „deshalb sind wir als Referenzla-
bor in Afrika so gefragt.“
Die Münchner Tropenmediziner
fokussieren sich jetzt darauf, internati-
onal Studien zu organisieren – und
beraten sich in dieser Sache stets auf
Augenhöhe mit ihren tansanischen
Partnern. Derzeit laufen drei Tuber-
kulose- und zwei HIV/Aids-Studien,
weitere werden in Kürze starten.
Hölscher hält beispielsweise große
Stücke auf einen neuen Behandlungs-
ansatz mit monoklonalen Antikörpern.
Das sind Moleküle, die, einmal ins Blut
gespritzt, passgenau und zielsicher eine
„Zielstruktur“, in diesem Fall auf HI-
Viren, anpeilen und daran andocken.
Die Hoffnung: dass die Viren nicht mehr
in jene Immunzellen eindringen, die sie
üblicherweise befallen und dort über
Jahrzehnte „überwintern“ können. Ob
sich die Hoffnung unter harten Alltags-
bedingungen erfüllt, testen die bayeri-
schen und tansanischen Experten zu-
sammen mit US-Kollegen gerade in
Mbeya. Aktuell werden über 500 Pros-
tituierte zweimal wöchentlich auf HIV
getestet, um eine Infektion im frühesten
Stadium zu erfassen. Positiv getestete
Frauen bekommen dann umgehend
den Antikörper, um die Ausbreitung
der Infektion zu verhindern. Nun haben
die US-Kollegen die Haltbarkeit der
Antikörper verlängert, sodass sie auch
als vorbeugende Impfung verwendet
werden können. „Wenn wir unseren
Plan verwirklichen können, die Anti-
körper den neugeborenen Babys HIV-
positiver Mütter zu spritzen und so die
Infektion der Säuglinge zu verhindern,
habe ich meinen Traum einer HIV-Imp-
fung für Mbeya erfüllt“, sagt Michael
Hölscher.
Klinische Studien, ist sich Hölscher
nach 25 Jahren einschlägiger Expertise
und etlichen Lernerfahrungen sicher,
„gehen auch in Afrika nicht ohne den
Hintergrund westlicher Medizin“. Den-
noch, das weiß der Professor genauso
gewiss, „profitieren umgekehrt unsere
erfahrenen Ärzte enorm von prakti-
schen Erfahrungen in Afrika“. Der
Grund ist simpel: Westliche Mediziner
hängen am diagnostischen und thera-
peutischen Gerätepark, der sie umgibt:
„Wir haben die Fähigkeit verloren, ei-
nen Patienten klinisch nach seinen
Symptomen zu beurteilen, was in Afrika
gang und gäbe ist. Und genau darum
geht es in der Medizin.“
– 1996 gegründet
– 168 Mitarbeiter,
darunter
25 Wissenschaftler
–
Forschungsschwerpunkte:
HIV/Aids, Tuberkulose, Malaria
–
Ort des
ersten Impfversuchs
gegen HIV/Aids in Tansania
–
Besonderheit:
ein mobiles
Trainingszentrum, um die sichere
und frühe Erkennung von
HIV/Aids, Tuberkulose und
Malaria zu verbessern
MBEYA MEDICAL RESEARCH
CENTER (MMRC)
»Wenn wir unseren Plan verwirk
lichen können, die Antikörper
den neugeborenen Babys HIV
positiver Mütter zu spritzen und
so die Infektion der Säuglinge
zu verhindern, habe ich meinen
Traum einer HIVImpfung für
Mbeya erfüllt.«
Dr. Nyanda Elias Ntinginya
bei der Behandlung einer
Patientin im MMRC