Klinikum Universität München // Jahresbericht 2014 - page 77

Operationszentrum
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N
eulich ist Dr. Sophia Horster
nochmal zurückgekehrt, in die
alte Notaufnahme im Betten-
haus inGroßhadern.Nur, ummal zugu-
cken. Ein Ort wie nach einem Exodus.
„Irgendwie war es auch so“, erinnert
sich die Leiterin der Notaufnahme im
neuenOPZan jenen1.September2014:
„Irgendwann gegen 6.00 Uhr morgens
habenwirdort den letztenPatientenbe-
handelt und dann alles stehen und lie-
gen lassen.“ Eine halbe Stunde später
hat sie mit ihren Kollegen weiterge-
macht, in den neuen Räumen. Und die
sind so anders als die alte Notaufnah-
me, die eher an Verhältnisse in einem
Entwicklungsland erinnerte. Der Riesen-
raum nur durchVorhänge getrennt. Pri-
vatheit unmöglich, eine Behandlung in
Ruhe schwierig. WeiteWege. Die Tech-
nikbescheiden.
NurzehnLaufminutenentfernt:Wer jetzt
das Klinikum Großhadern betritt und
den orange-farbenen Punkten auf dem
Boden folgt, betritt nach 200 Metern
eineNotaufnahme, die in jeder Hinsicht
höchstenAnsprüchengenügt. Schonam
Empfangstresen, an dem eine hoch er-
fahrene Pflegekraft einschätzt, wie gra-
vierend die Beschwerden der Patienten
sind undwie schnell sie behandelt wer-
denmüssen. Das nennt man Triage
(1)
.
Erscheint derFall nicht ganz soeilig, fin-
den die entsprechenden Patienten im
geräumigen und freundlich wirkenden
Wartebereich
(2)
Platz. Dort können sie
aufeinemBildschirmverfolgen,wieviele
Patientennoch vor ihnenbehandeltwer-
denunddassdieÄrztewirklichnochmit
anderenKrankenbeschäftigt sind. „Viele
Wartende beruhigt das“, schildert Hors-
ter ihreErfahrungen.
Und jegliche Sorgen sind unbegrün-
det: Allewerdenbehandelt, so raschwie
möglich.Undzwar inEinzelzimmern
(3)
,
dieU-förmigumdenWartebereichange-
ordnet sind und Privatheit und Diskreti-
onerlauben.Das ist einevonvielenNeu-
erungen.Dienächste:Allewerdendirekt
vor Ort therapiert, denn es handelt sich
um eine interdisziplinäre Notaufnahme.
Das bedeutet: Ärzte unterschiedlicher
Fachrichtungenarbeiten indengleichen
Räumen. „Die Patienten bewegen sich
nicht zudenÄrzten, sonderndieÄrztezu
den Patienten“, sagt Sophia Horster. Al-
les ist umdenPatienten strukturiert.
Wegen der Einzelboxen hatte sich die
Leiterin zunächst gesorgt, dass sie den
Überblick verlieren könne. Diese Angst
hat sich zerschlagen, dank „EPIAS“.
Dieses Computersystem, frisch ange-
schafft, präsentiert den Ärzten auf ei-
nem großen Monitor wohl geordnet,
welche Ärzte wen in welcher Box be-
handeln, welche Patienten bald dran-
kommen sollten, wer schon wie lange
da ist, ob noch Ärzte bestimmter Fach-
richtungen bestellt werden sollten und
so weiter. „Einfach genial“, schwärmt
Horster, die sich von ihrem neuen Ar-
beitsplatz begeistert zeigt: „Ichbin total
glücklich über die neueNotaufnahme.“
ImPrinzip sähen das die anderenÄrzte
und die Pfleger genauso, obwohl man-
che noch Details kritisieren. Für Ver-
besserungsvorschläge wurde deshalb
eigens ein Buch angelegt. Doch kein
einziger Arzt oder Pflegerwürde jemals
wieder indie alteNotaufnahme zurück-
kehrenwollen, versichert dieÄrztinund
betritt eine Art Schaltraum
(4)
, der um
ein weiteres Herzstück der neuen Ein-
richtung gruppiert ist: Schockraum
(5)
,
Computer-Tomograf (CT)
(6)
unddieso-
genannte Angiosuite
(7)
. „Von diesem
Schaltraum aus hatman alles imBlick“,
sagt sie, „super.“ Kürzeste Strecken für
alle Patienten, auch jene, die mit dem
Notarztwagen eingeliefert werden. Im
SchockraumwerdenMenschenmit aku-
tem Kreislaufversagen behandelt res-
pektive wiederbelebt. Mit dem CT eine
Tür weiter lässt sich – 24 Stunden am
Tag – diagnostizieren, wo das Problem
liegt. Liegt zumBeispiel einSchlaganfall
oder Herzinfarkt vor, kannman den Pa-
tienteneineTürweiter inderAngiosuite
therapieren, indem verengteGefäßemi-
nimalinvasivgeöffnetwerden.
„Im Prinzip können wir hier fast jede
Krankheit sofort behandeln“, erklärt So-
phiaHorster. 36.000Patientenwarenes
in 2014, im Jahr 2006, zum Vergleich,
nur17.000. In2015sollenesschätzungs-
weise 40.000 werden. Damit sind die
Grenzen der Kapazität längst nicht er-
reicht. Um bei den ständig steigenden
Patientenzahlen auch personell nach­
zuziehen,wurden zusätzlicheStellen für
ÄrzteundPflegergeschaffen.ZumGlück
ist dieNotaufnahme etwasweniger vom
Pflegenotstand betroffen als andere Ab-
teilungen. „UnsereStellen“, weißdie In-
ternistin, „sind bei Pflegekräften sehr
beliebt.“
Privat-DozentinDr. SophiaHorster leitet dieNotaufnahme imneuen
OPZ. Alles,wirklichalles, ist bessergeworden imVergleich zu früher.
»DiePatientenbewegen
sichnicht zudenÄrzten,
sonderndieÄrztezuden
Patienten«
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