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AFRIKA

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Klinik der LMU, „und das ist ein Pro-

blem“. Seit Jahrhunderten, vielleicht

Jahrtausenden, pflücken die Menschen

dieses Landes die Blätter, stecken sie

in den Mund und kauen sie wie Spear-

mint. Stundenlang kann eine Khat-Ses-

sion dauern. Dabei werden sogenannte

Cathinone freigesetzt, Substanzen, die

euphorisch wirken, die Aufmerksam-

keit erhöhen, wach und hyperaktiv

machen. Khat ist das Koks von Äthio-

pien.

„Früher“, erzählt die Ärztin, „haben

nur bestimmte ethnische Gruppen die

Droge genutzt und ethische Normen

den Konsum in einem guten Sinne

begrenzt.“ Erst seit Khat ein Wirt-

schaftsfaktor geworden ist, laufen die

Dinge aus dem Ruder: Vor allem junge

Männer in städtischen Regionen, bar

jedes traditionellen Bezugs, goutieren

die Blätter maßlos, werden abhängig.

Sie verschwenden ihre ganze Zeit

auf die Beschaffung der Droge, arbei-

ten kaum noch und das Schlimmste:

Sie setzen sich ins Auto und ver-

ursachen überdurchschnittlich oft

Unfälle. „Schwere Verletzungen nach

Khat-Konsum belasten unser Gesund-

heitswesen erheblich“, sagt Fasil

Tessema, der uns an diesem Morgen

begleitet.

Denn der Experte für Public Health

an der Jimma University (JU) befragt

mit seinem Team seit Jahren die Men-

schen aus 14.000 Haushalten in Gilgel

Catha edulis heißt, im Latein

von Biologen, der Khatstrauch,

der ursprünglich aus Äthiopien

stammt und dessen Blätter beim

Kauen anregende Substanzen (Cathinone)

abgeben. Der Name Khat leitet sich wahr-

scheinlich aus dem arabischen Wort „kut“

für „Nahrung, Antriebsmittel“ ab oder

vom Ortsnamen Kafa in Äthiopien. Der

Gebrauch der Pflanze ist sogar älter als

die Nutzung von Kaffee: Erstmals wurde

sie im 13. Jahrhundert als Heilmittel

erwähnt. Für gewöhnlich kauen die Kon-

sumenten nacheinander drei bis vier

Stunden 100 bis 200 Gramm frische,

junge Blätter. Khat-Genuss steigert kurz-

fristig das Wohlbefinden: Die Leute werden

heiter, erregt und gesprächig. Probleme

erscheinen als nichtig, Raum- und Zeitge-

fühl gehen teilweise verschütt. Maßloser

Khat-Konsum kann allerdings bittere

Folgen haben (siehe Lauftext).

DIE KHAT-PFLANZE

»Schwere Verletzungen

nach KhatKonsum

belasten unser Gesund­

heitswesen erheblich.«

Die frühere Wohnhütte

einer Bauernfamilie ist

heute der Stall.