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Therapie von metastasierten Prostata-Tumoren mit Lu-177-PSMA-DKFZ-617

An der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin der LMU München wird die sogenannte  Radio-Liganden-Therapie (RLT) mittels Lutetium-177 (Lu-177) markierten PSMA Antagonisten für Patienten mit Prostatakarzinomen angeboten. Im Falle der Lu-177 PSMA Therapie zeigen die bisherigen Erkenntnisse gute Ergebnisse bei akzeptablen Nebenwirkungen [1, 2]. Die Therapie dient zur Behandlung von Patienten mit einem metastasierten Prostatakarzinom, bei denen sich trotz Hormontherapie oder Chemotherapie ein Fortschreiten der Erkrankung zeigt. Im Gegensatz zur Xofigo-Therapie (Ra-223) können auch Patienten therapiert werden, die Metastasen außerhalb des Skelettsystems haben (z.B. Weichteil- oder Lymphknotenmetastasen).

 

Wirkungsweise der Therapie

Krebszellen, die von der Prostata ausgehen, tragen in der Regel auf der Zelloberfläche das Prostata-spezifische Membran-Antigen (PSMA). Dieses Membranantigen dient wie ein Magnet als Andockstelle für bestimmte Peptide, sogenannte PSMA-Liganden (PSMA-DKFZ-617), die mit einem therapeutisch wirksamen Betastrahler (Lu-177) radioaktiv markiert sind (Lu-177-PSMA-DKFZ-617). Eine schematische Darstellung eines mit Lu-177 radioaktiv markierten PSMA-Liganden zeigt Abbildung 1.

 

Da das Eiweißmolekül spezifisch an das PSMA der Tumorzellen bindet,  reichert sich die Therapiesubstanz nach Injektion im Tumor an. Die Therapiesubstanz wandert über die Blutbahn direkt zum Tumorgewebe und führt zu einer gezielten Bestrahlung der bösartigen Zellen (siehe Abbildung 2). Dabei reicht die radioaktive Strahlung im menschlichen Gewebe nur wenige Millimeter weit. Bei der RLT kann somit eine höhere und effektivere Strahlendosis direkt gegen die Krebszellen gerichtet werden, als bei der Strahlentherapie von außen.

Verschiedene klinische Studien zeigen, dass mit Hilfe der RLT Tumore in ihrem Wachstum gebremst oder stark verkleinert werden können. Durch die Therapie können sich Schmerzen zurückbilden, der PSA-Wert sinken und dadurch die Lebensqualität bedeutend verbessert werden.

 

In Abbildung 3 ist ein Patient mit gutem Ansprechen nach 4 Zyklen einer Lu-177 PSMA Therapie dargestellt.

 

Voraussetzungen zur Durchführbarkeit der Therapie

Die Lu-177 PSMA Therapie ist anwendbar bei Patienten mit Tumoren mit einer ausreichenden Ausprägung des PSMA auf der Zelloberfläche, die auf andere Behandlungen (Hormontherapie, äußere Strahlentherapie oder Chemotherapie) nicht mehr ansprechen. Bevor eine Lu-177-PSMA-DKFZ-617 Therapie durchgeführt werden kann, muss mittels eines Ga-68-PSMA-Liganden PET/CT (Standard am Klinikum der Universität München) zunächst der PSMA-Status und die Indikation zur Durchführung der Therapie geprüft werden. Neben weiteren Voraussetzungen, welche die behandelnden Ärzte vor einer Lu-177 PSMA Therapie im Detail individuell prüfen, muss der Patient vor allem eine noch gut funktionierende Nieren- und Knochenmarksfunktion haben. In aller Regel sind weitere Voruntersuchungen (z. B. Nierenfunktionsszintigraphie, Laboruntersuchungen und andere) notwendig, die alle an der Klinik für Nuklearmedizin der LMU München durchgeführt werden können.

 

Durchführung und Ablauf der Therapie

Die Therapie erfolgt auf unserer Therapiestation K0 und dauert ca. 15 Minuten (Infusion des radioaktiven Präparates). Auf Grund einer Speicherung von Lu-177 PSMA in den Speicheldrüsen sollten die Patienten 30 Minuten vor und bis zu 4 Stunden nach der Therapie Kühlpackungen erhalten, mit denen die Speicheldrüsen gekühlt und somit die Durchblutung reduzieren werden kann. Dadurch wird eine geringere Anreicherung der Radioaktivität in den Speicheldrüsen erwartet. Um Schäden an den Nieren zu vermindern, werden direkt vor, während und in den Folgetagen nach der Therapie Flüssigkeitsinfusionen über die Vene verabreicht. Darüber hinaus ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr am Therapietag und den Folgetagen empfohlen, da hierdurch die Strahlenbelastung der Nieren und des restlichen Körpers verringert werden kann.

 

In den Folgetagen nach der Therapie werden szintigraphische Ganzkörperaufnahmen und Blutentnahmen durchgeführt, um die Speicherung von Lu-177 in den Tumorzellen und den Abbau der Therapiesubstanz zu kontrollieren. Nach der Therapie darf die Therapiestation für 48 Stunden nicht verlassen werden. Der behandelte Patient kann nach einer Beobachtungszeit von ca. 3 Tagen das Krankenhaus wieder verlassen. Nach der stationären Entlassung ist eine Laborkontrolle der Blut-, Leber- und Nierenwerte nach ca. 2 und 6 Wochen notwendig. Diese kann heimatnah durch den Hausarzt, den Urologen oder den Onkologen durchgeführt werden.

 

In aller Regel werden mindestens drei Therapien in einem Abstand von 8 Wochen durchgeführt. Zur Überprüfung des Therapieansprechens sowie Nebenwirkungen und Komplikationen erfolgen außerdem Nachsorgeuntersuchungen in bestimmten Zeitabständen (z.B. PET/CT, Nierenszintigraphie). Bei gutem Ansprechen bzw. bei Stabilisierung der Erkrankung und weiterhin guter Speicherung im Ga-68-PSMA-Liganden PET/CT können häufig noch weitere Therapiezyklen durchgeführt werden, soweit Blutbild und Nierenfunktion dies zulassen.


Komplikationen und Nebenwirkungen der Therapie

Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass keine schwerwiegenden, akuten Komplikationen zu befürchten sind. Trotz größter Sorgfalt kann es bei der Lu-177 PSMA Therapie jedoch zu Nebenwirkungen und Komplikationen kommen. Bisher unbekannte Risiken, Nebenwirkungen und Komplikationen nicht ausgeschlossen werden.

 

Folgende Nebenwirkungen und Komplikationen sind derzeit bekannt:

 

Allgemeine Nebenwirkungen und Komplikationen:

 

  • Fieber im Anschluss an die Therapie
  • Theoretisch kann es zu allergischen Reaktionen während der Verabreichung der Therapiesubstanz bis hin zum allergischen Schock kommen
    (dies wurde bis jetzt bei dieser Therapie noch in keinem Fall beobachtet)
  • Übelkeit, Erbrechen und Appetitlosigkeit
  • Gelegentlich leichter Haarausfall in den Folgewochen nach der Therapie
  • In seltenen Fällen sind Geschmacksveränderungen nach der RLT beschrieben
  • Müdigkeit und Abgeschlagenheit (können bis wenige Wochen nach der RLT andauern)

 

Spezielle Nebenwirkungen und Komplikationen:

 

  • Die Zahl der roten Blutkörperchen (Erythrozyten), der Blutplättchen (Thrombozyten) und der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) kann nach der Therapie abnehmen. Deshalb muss das Blutbild 2 und 6 Wochen nach der Therapie kontrolliert werden. In Einzelfällen kann es nach mehrmaligen Therapien zu einer langfristigen, in seltenen Fällen auch lebensbedrohlichen Einschränkung der Knochenmarksfunktion mit Notwendigkeit einer Bluttransfusion kommen.
  • Bei mehrmaliger Therapie kann es zu einer Einschränkung der Nierenfunktion kommen, weshalb diese vor jeder Therapie untersucht wird. In Einzelfällen kann es nach mehrmaliger Therapie zu einem dauerhaften Verlust der Nierenfunktion mit Notwendigkeit einer externen Blutwäsche (Dialyse) kommen.
  • Bei mehrmaliger Therapie kann es zu einer Verminderung der Speichelproduktion mit Mundtrockenheit kommen. Hierdurch kann es zu einem vermehrten Auftreten von Karies kommen. Auch Geschmacksveränderungen können hierdurch auftreten.
  • In seltenen Fällen kann es (trotz Cortison-Therapie) in den ersten 72 h nach der Therapie durch das vorrübergehende Anschwellen großer, ausgedehnter Metastasen im Rückenmarksbereich zu Einklemmungserscheinungen kommen.
  • Prinzipiell geht eine Strahlenbelastung mit dem Risiko von Zweitmalignomen einher, jedoch treten diese, wenn überhaupt, mit einer Verzögerung von Jahren bis Jahrzehnten auf.
  • Da Langzeiterfahrungen nicht vorliegen, können Nebenwirkungen auftreten, die bisher nicht bekannt sind.

Wichtige Verhaltensweisen für Patienten:

 

  • Am Therapietag sollten mehrere Liter Flüssigkeit getrunken werden, um die Belastung der Niere und die Strahlenbelastung des restlichen Körpers so gering wie möglich zu halten (beschleunigte Ausscheidung).
  • Ca. 30 Minuten vor und bis zu 4 Stunden nach der Therapie sollten die Speicheldrüsen mittels Kühlpackungen gekühlt werden, um somit die Durchblutung zu reduzieren. Dadurch wird eine geringere Anreicherung der Radioaktivität in den Speicheldrüsen erwartet.
  • Während des stationären Aufenthaltes dürfen Sie auf der Therapiestation K0 leider keinen Besuch empfangen. Nur in Ausnahmefällen und nach vorheriger Rücksprache mit Ihrem Arzt dürfen Sie die Station in den ersten 48h nach der Therapie verlassen.
  • Nach Ihrer Entlassung geht für Ihre Angehörigen kein bedrohliches Strahlenrisiko von Ihnen aus.
  • Informieren Sie bitte unverzüglich Ihren Arzt, wenn bei Ihnen nach der Therapie Beschwerden auftreten, gleich welcher Art und Schwere.

 

Formular zur Anmeldung einer PSMA-Liganden-Therapie

 

 

Referenzen

1.       Fendler, W.P., et al., Preliminary experience with dosimetry, response and patient reported outcome after 177Lu-PSMA-617 therapy for metastatic castration-resistant prostate cancer. Oncotarget, 2016.

2.       Rahbar, K., et al., German multicenter study investigating 177Lu-PSMA-617 radioligand therapy in advanced prostate cancer patients. J Nucl Med, 2016.

 

 
DE EN

Abbildung 1

Schematische Darstellung des radioaktiv markierten Peptids Schematische Darstellung des radioaktiv markierten Peptids (modifiziert nach Bergsma et al. Best Practice & Res Clin Gastroenterol 2012)

Abbildung 2

Wirkungsweise der Therapie Wirkungsweise der Therapie (modifiziert nach Bergsma et al. Best Practice & Res Clin Gastroenterol 2012)

Abbildung 3

Verlauf nach 4 Zyklen PSMA Verlauf nach 4 Zyklen PSMA

Für weitere Fragen zu Ihrem Aufenthalt wenden Sie sich bitte an:

Dr. med. Leonie Beyer

Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin
Klinikum der Universität München -
Großhadern

Marchioninistr. 15
81377 München

Tel: 089 4400 7 4646

Dr. med. Mathias Zacherl

Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin
Klinikum der Universität München - Großhadern

Marchioninistr.15
81377 München

Tel.: 089 4400 7 4646