Ätiologie

Als Ursache der Belastungsinkontinenz ist ein insuffizienter Verschlussmechanismus der Harnröhre anzusehen. Dieser Verschlussmechanismus besteht dabei aus Sphinkter- (=Schließmuskel) und Beckenbodenmuskulatur und dem Harnröhrentonus. Voraussetzung für eine normale Funktion des Verschlussmechanismus ist dabei allerdings eine stabile Verankerung der Blase und Harnröhre im kleinen Becken, sowie eine intakte nervale Innervation. Zu den Risikofaktoren für eine Belastungsinkontinenz werden zunehmendes Alter, Schwangerschaften und Geburten, Veränderungen des Gewebes in der Menopause, genetische Prädisposition, Übergewicht aber auch körperliche Inaktivität gezählt. Auch eine chronische abdominelle Druckerhöhung durch starkes Husten (z.B. bei Asthma bronchiale und COPD), chronische Obstipation oder auch jahrzehntelange harte körperliche Arbeit kann eine Belastungsinkontinenz verursachen.

Im Gegensatz dazu ist bei der Urgeharninkontinenz die Speicherfunktion der Blase gestört. Schon bei geringer Blasenfüllung wird ein überfallsartiger Harndrang (Urgency) ausgelöst. Hier werden unter anderem Nervenschädigungen beispielsweise nach Operationen oder Bestrahlungen im kleinen Becken (z.B. am Enddarm oder Gebärmutter), neurologische Erkrankungen (z.B. diabetische Neuropathie, Multiple Sklerose, M. Parkinson, Alzheimer, Schlaganfall, Rückenmarksverletzungen), aber auch psychosomatische Faktoren als Auslöser angesehen. Der Symptomenkomplex überfallsartiger Harndrang (Urgency), gehäufte Miktion, mehr als 8 Miktionen/24h bei normaler Trinkmenge bis 2l/d (Frequency) und nächtliches Wasserlassen (Nykturie) mit und ohne Harninkontinenz wird dabei auch als Syndrom der überaktiven Blase (overactive bladder oder auch OAB genannt) bezeichnet. Eine „dry OAB“ bezeichnet dabei eine überaktive Blase ohne Urinverlust und eine „wet OAB“ eine überaktive Blase mit Urinverlust. Insgesamt sind Frauen häufiger von einer „wet OAB“ und Männer von einer „dry OAB“ betroffen.

Sowohl eine Belastungsinkontinenz als auch eine Urgeinkontinenz kann einen Urinverlust beim Geschlechtsverkehr auslösen.

Insgesamt wird in den meisten Fällen die Harninkontinenz durch ein komplexes Zusammenspiel multipler Faktoren ausgelöst und nur selten liegt nur ein kausaler Faktor vor.

Zusätzlich liegen bei zahlreichen Patienten noch Senkungsbeschwerden aufgrund eines Deszensus genitalis vor. Von einem Deszensus genitalis kann der gesamte Beckenboden oder auch nur einzelne Anteile betroffen sein:

• vorderer Anteil: Blasensenkung (Zystozele)

• hinterer Anteil: Darmsenkung (Rektozele)

• mittlerer Anteil: Gebärmuttersenkung / nach erfolgter Gebärmutterentfernung Scheidenstumpfsenkung