Stadieneinteilung
Die Definition des klinischen Stadiums eines Patienten mit Hodentumor basiert auf der UICC TNM Klassifikation. (siehe Tabelle 3 und 4) Für die Verifikation eines klinischen Stadium I Tumors muss jedoch der Markerverlauf nach Orchiektomie so lange erfolgen bis eine Normalisierung der Marker eingetreten ist. Patienten bei denen es nicht zur Normalisierung der Marker kommt werden als Stadium I S klassifiziert.
Patienten mit metastasierter Erkrankung werden nach der International Germ Cell Cancer Collaborative Group (IGCCCG) eingeteilt. Hier wird die Histologie, die Lokalisation des Primärtumors, die Lokalisation von Metastasen und die Höhe der Serumtumormarker (AFP, bHCG und LDH) nach Orchiektomie vor Chemotherapie zur Einteilung in Kategorien von „good“, „intermediate“ und „poor“ Prognosis vorgenommen. (siehe Tabelle 2) Die individuelle Therapie basiert dann auf der TNM Klassifikation sowie der IGCCCG Klassifikation basierend auf den vorliegenden Prognosefaktoren.
Die einzelnen Therapieoptionen bei Vorliegen eines Seminoms bzw. Nicht- Seminoms in den verschiedenen Stadien werden in einem anderen Beitrag abgehandelt.
In diesem Beitrag soll im Besondern auf die operative Resektion von retroperitonealen Metastasen bzw. Residualtumoren eingegangen werden.
Residualtumorresektion bei Seminompatienten nach erfolgter Therapie
Bei Patienten mit Seminom und Residualtumor nach Chemotherapie oder auch Strahlentherapie sollten diese nicht notwendigerweise primär reseziert werden. Diese Empfehlung gilt unabhängig von der Größe der Raumforderung. Hier sollten eine engmaschige Kontrolle der Tumormarker sowie eine entsprechende Bildgebung erfolgen. Ein FDG-PET hat in diesem Falle einen besonderen diagnostischen Wert. Patienten mit einem Residualtumor mit einer Größe von über 3 cm, die nach Therapie nicht kleiner werden, sollten eine PET-CT Untersuchung erhalten, um eine bessere Aussage hinsichtlich der Vitalität des Tumors zu erhalten. Bei Patienten mit residuellen Läsionen unter 3 cm ist die Verwendung eines PET-CTs als optional anzusehen. (Bild 2)
Im Falle eines negativen PET Befundes ist keine primäre Resektion vorgesehen, wobei ein positiver PET Befund in einer Zeit über 4-6 Wochen nach Beendigung der Chemotherapie eine starker Indikator für das Vorhandensein eines aktiven Tumors ist, welcher einer weiteren Therapie zugeführt werden muss. Bei Patienten mit positivem PET sollte eine Histologie durch Biopsie bzw. besser durch eine Resektion erfolgen.
Die weitere Therapie sollte dann auf der Basis der histologischen Einordnung erfolgen und kann hier von der konservativen Nachsorge, über chirurgische Verfahren, einer Bestrahlung oder einer erneuten Chemotherapie reichen. Bei Patienten mit progressiver Erkrankung nach einer First line Chemotherapie, sollte ebenfalls eine Histologie gewonnen werden und eine salvage Chemotherapie nach Bestätigung des Malignitätsnachweises erfolgen.
Residualtumorresektion bei Nicht-Seminom Patienten nach erfolgter Therapie
Patienten, die durch die Chemotherapie eine komplette Remission, das heißt eine Normalisierung der Tumormarker sowie keinen weiteren Nachweis von residuellen Läsionen aufweisen, bedürfen keiner weiteren operativen Therapie.
Kein Bildgebungsverfahren, inklusive der PET-CT konnten für die Nicht-Seminome eine zuverlässige Beurteilung von residuellen Läsionen aufzeigen. Daher sollte bei allen Patienten mit bestehenden Residualtumoren und Markernormalisierung eine chirurgische Therapie angestrebt werden.
Wenn technisch machbar, sollten alle residuellen Läsionen reseziert werden. Chirurgisch sind bei persitierendem retroperitonealem Tumor alle Gebiete des initialen Tumorbefalles zu entfernen. Die Resektion sollte innerhalb von 4-6 Wochen nach Abschluss der Chemotherapie erfolgen.
Wenn technisch und tumoronkologisch machbar, sollte eine nerverhaltende Operation durchgeführt werden.
Tabelle 2: Risikofaktoren entsprechend der IGCCCG-Klassifikation
Good prognosis | |
Nicht-Seminom | Hoden-/retroperitonealer Tumor und „good“ Marker und keine nicht pulmonalen viszeralen Metastasen |
Seminom | Jede Primärlokalisation und Jeder Marker und keine nicht-pulmonalen viszeralen Metastasen |
"good marker" | AFP < 1.000ng/ml und HCG< 1.000 ng/mg (ca.5.000IU/l) und LDH < 1,5×n |
Intermediate prognosis | |
Nicht-Seminom | Hoden-/retroperitonealer Tumor und „intermediate“ Marker und keine nicht-pulmonalen viszeralen Metastasen |
Seminom | Jede Primärlokalisation und Jeder Marker und nicht-pulmonalen viszeralen Metastasen |
"intermediate marker" | AFP < 1.000ng/ml -10.000ng/ml oder HCG< 1.000ng/mg – 10.000ng/ml (ca.5.000-50.000IU/l) oder LDH < 1,5-10×n |
Poor prognosis | |
Nicht-Seminom | Primär mediastinaler Tumor oder Hoden-/retroperitonealer Tumor und nicht-pulmonale viszerale Metastasen oder „poor“ Marker |
"poor marker" | AFP > 10.000ng/ml oder HCG> 10.000ng/mg (ca. >50.000 IU/l) oder LDH > 10×n |
Tabelle 3: Klinisches Stadium nach UICC-Klassifikation (6. Auflage 2003)
Primärtumor (T) | |
pTX | Primärtumor kann nicht beurteilt werden |
pT0 | Kein Hinweis für einen Primärtumor (z.B. Narbengewebe) |
pTis | Intratubuläre Keimzellneoplasie (Carcinoma in situ) |
pT1 | Tumor ist begrenzt auf den Hoden und Nebenhoden ohne vaskuläre/lymphatische Invasion; Tumor kann in die Tunica albuginea einwandern, aber nicht in die Tunica vaginalis |
pT2 | Tumor ist begrenzt auf den Hoden und Nebenhoden mit vaskulärer/lymphatischer Invasion; oder er extendiert über die Tunica albuginea mit Erfassung der Tunica vaginalis |
pT3 | Tumor erfasst den Samenstrang mit oder ohne vaskuläre/lymphatische Invasion |
pT4 | Tumor infiltriert das Skrotum mit oder ohne vaskuläre/lymphatische Invasion |
Regionale Lmphknoten lymph (N) | |
NX | Regionale Lymphknoten können nicht beurteilt werden |
N0 | Keine regionalen Lymphknotenmetastasen |
N1 | Metastasen mit einem Lymphknoten von 2 cm oder weniger im größten Durchmesser; oder mehrere Lymphknoten von denen keiner mehr als 2 cm im größten Durchmesser hat. |
N2 | Metastasen mit einem Lymphknoten über 2 cm Durchmesser aber weniger als 5 cm im größten Durchmesser; oder multiple Lymphknoten über 2cm Durchmesser aber weniger als 5 cm im größten Durchmesser |
N3 | Metastasen mit einem Lymphknoten über 5 cm im größten Durchmesser |
Fernmetastasen (M) | |
M0 | Keine Fernmetastasen |
M1 | Vorhandensein von Fernmetastasen |
M1a | Nicht-regionale Lymphknotenmetastasen oder pulmonale Metastasen |
M1b | Fernmetastasen außer nicht-regionale Lymphknotenmetastasen oder pulmonale Metastasen |
Serumtumormarker (S) | |
SX | Serumtumormarker sind nicht vorhanden oder wurden nicht bestimmt |
S0 | Tumormarker sind im angegebenen Normbereich |
S1 | LDH <1.5 x N und hCG (mIu/mL) <5000 und AFP (ng/mL) <1000 |
S2 | LDH 1.5-10 x N oder hCG (mIu/mL) 5000-50,000 oder AFP (ng/mL) 1000-10,000 |
S3 |
LDH >10 x N oder hCG (mIu/mL) >50,000 oder AFP (ng/mL) >10,000 |
Tabelle 4: Stadieneinteilung
Stadium |
Primärtumor (T) |
Regionale Lymphknoten (N) |
Fernmetastasen (M) |
Serumtumormarker (S) |
0 |
pTis |
N0 |
M0 |
S0 |
I |
pT1-4 |
N0 |
M0 |
SX |
IA |
pT1 |
N0 |
M0 |
S0 |
IB |
pT2 |
N0 |
M0 |
S0 |
pT3 |
N0 |
M0 |
S0 |
|
pT4 |
N0 |
M0 |
S0 |
|
IS |
jedes pT/Tx |
N0 |
M0 |
S1-3 |
II |
jedes pT/Tx |
N1-3 |
M0 |
SX |
IIA |
jedes pT/Tx |
N1 |
M0 |
S0 |
jedes pT/Tx |
N1 |
M0 |
S1 |
|
IIB |
jedes pT/Tx |
N2 |
M0 |
S0 |
jedes pT/Tx |
N2 |
M0 |
S1 |
|
IIC |
jedes pT/Tx |
N3 |
M0 |
S0 |
jedes pT/Tx |
N3 |
M0 |
S1 |
|
III |
jedes pT/Tx |
jedes N |
M1 |
SX |
IIIA |
jedes pT/Tx |
jedes N |
M1a |
S0 |
jedes pT/Tx |
jedes N |
M1a |
S1 |
|
IIIB |
jedes pT/Tx |
N1-3 |
M0 |
S2 |
jedes pT/Tx |
jedes N |
M1a |
S2 |
|
IIIC |
jedes pT/Tx |
N1-3 |
M0 |
S3 |