NBIA – Krankheitsbilder
Einführung und Klinische Symptomatik
Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn (Neurodegeneration with Brain Iron Accumulation, NBIA) ist eine Gruppe erblich bedingter neurodegenerativer Erkrankungen mit einer geschätzten Prävalenz von 1/1.000.000. Gemeinsames Merkmal sind abnorme Eisenablagerungen in den Basalganglien, insbesondere im Globus pallidus und der Substantia nigra.
Neben idiopathischer NBIA, deren genetische Ursachen bislang noch nicht bekannt sind, wurden bisher 10 verschiedene Gendefekte identifiziert, die zu NBIA führen. Dabei ist die Pantothenatkinase-assoziierte Neurodegeneration (PKAN; ehemals Hallervorden-Spatz-Syndrom) mit ca. 35-50 % aller NBIA-Betroffenen die häufigste Form. Die klinische Symptomatik der einzelnen Krankheitsvarianten stellt sich wie folgt dar (Bei einigen Unterformen sind bis dato nur wenige Fälle weltweit beschrieben, weswegen der Phänotyp durchaus von den hier berichteten Symptomen abweichen kann):
NBIA-Form |
Klinische Symptomatik |
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Pantothenatkinase-assoziierte Neurodegeneration (PKAN) |
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Mitochondriales Membran-Protein-assoziierte Neurodegeneration (MPAN) |
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PLA2G6-assoziierte Neurodegeneration (PLAN) |
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Beta-propeller-Protein-assoziierte Neurodegeneration (BPAN) |
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Seltenere Formen | |
Aceruloplasminämie |
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COASY-Protein-assoziierte Neurodegeneration (CoPAN) |
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Fatty Acid Hydroxylase-assoziierte Neurodegeneration (FAHN) |
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Kufor-Rakeb-Syndrom |
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Neuroferritinopathie |
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Woodhouse-Sakati Syndrom |
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Diagnostik
Die Diagnose 'NBIA' erfolgt auf der Basis von Anamnese und klinischer Untersuchung in Verbindung mit MRT und molekulargenetischer Diagnostik. In der Regel ist ein hypointenses Signal in den Basalganglien in der T2-Sequenz im MRT erkennbar, welches hinweisend auf pathologische Eisenablagerungen ist.
NBIA-Form |
Gen |
Vererbung |
MRT |
---|---|---|---|
Pantothenatkinase-assoziierte Neurodegeneration (PKAN) |
PANK2 |
autosomal rezessiv |
„Tigerauge“ im Globus pallidus |
Mitochondriales Membran-Protein-assoziierte Neurodegeneration (MPAN) |
C19orf12 |
autosomal rezessiv |
Eisenablagerungen im Globus pallidus und Substantia nigra, z.T. cerebelläre Atrophie |
PLA2G6-assoziierte Neurodegeneration (PLAN) |
PLA2G6 |
autosomal rezessiv |
Cerebelläre Atrophie, Eisenablagerungen im Globus pallidus und Substantia nigra (nicht in allen Fällen nachweisbar) |
Beta-propeller-Protein-assoziierte Neurodegeneration (BPAN) |
WDR45 |
X-chromosomal dominant |
Eisenablagerungen in Substantia nigra > Globus pallidus |
Seltenere Formen | |||
Aceruloplasminämie |
CP |
autosomal rezessiv |
Eisenablagerungen im Gehirn (Globus pallidus, Thalamus, Putamen, Ncl. caudatus und dentatus) und in inneren Organen (Leber) |
COASY-Protein-assoziierte Neurodegeneration (CoPAN) |
COASY |
autosomal rezessiv |
Eisenablagerungen im Globus pallidus und Substantia nigra; z.T. Verkalkungen im Globus pallidus |
Fatty Acid Hydroxylase-assoziierte Neurodegeneration (FAHN) |
FA2H |
autosomal rezessiv |
Eisenablagerungen im Globus pallidus und Substantia nigra; pontocerebelläre Atrophie, Ausdünnung des Corpus callosum |
Kufor-Rakeb-Syndrom |
ATP13A2 |
autosomal rezessiv |
Generalisierte Hirnatrophie, Variable intracerebrale Eisenablagerungen |
Neuroferritinopathie |
FTL |
autosomal dominant |
Eisenablagerungen im Globus pallidus, Putamen, Thalamus; zystische Veränderungen in den Basalganglien |
Woodhouse-Sakati Syndrom |
DCAF17 |
autosomal rezessiv |
Erhöhtes Eisen im Globus pallidus und Substantia nigra, Leukenzephalopathie |
Therapiemöglichkeiten
Eine kausale Therapie ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht gegeben. Symptomatische Therapien richten sich nach den verschiedenen Krankheitsformen und können in Wirksamkeit und Verträglichkeit von Patient zu Patient variieren. Zur Behandlung der extrapyramidalen Bewegungsstörungen bzw. der Spastik werden u.a. Baclofen, ggf. per intrathekaler Baclofen-Pumpe, Trihexyphenidyl, intramuskuläre Botulinumtoxin-Injektionen ('Botox') und Benzodiazepine eingesetzt. In einigen Fällen stellt auch eine Tiefe Hirnstimulation eine Therapieoption dar.
Die Wirksamkeit und Verträglichkeit des Eisen bindenden Medikaments Deferiprone bei PKAN-Patienten wird derzeit, u.a. auch am Friedrich-Baur-Institut, im Rahmen des EU-Forschungsprojektes TIRCON untersucht.
Große Bedeutung haben zudem Physio- und Ergotherapie zur Muskelentspannung und zum Erhalt der Beweglichkeit und der Koordination. Je nach Ausprägungsgrad einer evtl. vorhandenen Dysarthrie und Dysphagie sind auch logopädische Maßnahmen indiziert.
Forschung und Studien
Im Rahmen des FP7-EU-Projekts TIRCON (Treat Iron-Related Childhood Onset Neurodegeneration) erfolgt unter Leitung von Prof. Dr. Thomas Klopstock der Aufbau eines internationalen NBIA-Patientenregisters sowie einer Biobank und die Durchführung einer multizentrischen Phase III Studie mit dem Eisenchelator Deferiprone bei PKAN.